
Manuelle Therapie – Chiropraktik, Osteopathie und Physiotherapie
Noch vor wenigen Jahren wurde man in der Tiermedizin mehr oder weniger ausgelacht, wenn man für ein Pferd oder einen Hund eine physiotherapeutische Behandlung vorgeschlagen hat. Durch die unglaublichen Erfolge hat sich diese Einstellung bereits weitgehend geändert und alle manuellen Techniken sind in den Fokus der Tiermedizin gerückt. Auch die Wissenschaft beschäftigt sich sehr viel mit diesen Behandlungsmethoden, so dass mittlerweile ein weitgehendes Verständnis über deren Funktionsweise besteht. Durch meine äußerst vielschichtige manualtherapeutische Ausbildung und jahrelange Erfahrung als praktizierende Tierärztin, bin ich in der Lage für meine Patienten die individuell beste Lösung zu finden.
Ich lade Sie ein sich im Folgenden über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren.
Chiropraktik
Ziel der Chiropraktik ist es die maximale Beweglichkeit der Gelenke und damit eine ungestörte Biomechanik im Körper, sowie eine optimale Nervenfunktion herzustellen.
Die Chiropraktik nutzt dabei die natürlichen Selbstheilungskräfte um den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Wichtig:
Alle Gelenke werden innerhalb ihres natürlichen Bewegungsradius bewegt. Die anatomischen Grenzen werden dabei niemals überschritten!
Was ist Chiropraktik?
Diese manuelle Behandlungsmethode aus dem 19. Jahrhundert wurde durch den Amerikaner Daniel David Palmer begründet. Der tatsächliche Ursprung allerdings reicht viele tausend Jahre zurück. „Cheiro praktikos“ ist griechisch und heißt sinngemäß „mit der Hand gemacht“.
Chiropraktik stellt Bewegungsspielräume der Gelenke wieder in vollem Umfang her. Im Zentrum stehen dabei funktionelle Störungen der Wirbelsäule und deren negative Folgen für den gesamten Körper. Die Wirbelsäule ist über die austretenden Spinalnerven eng mit dem Nervensystem verbunden. Bei der Behandlung werden daher Nervenzellen stimuliert und der ungestörte neurologische Informationsfluß zwischen Gehirn und Organen sichergestellt. Durch diesen Zusammenhang werden nicht nur orthopädische, sondern auch internistische Krankheiten beeinflußbar.
Die Wirbelsäule spielt eine herausragende Rolle in der Biomechanik und damit in allen Bewegungsabläufen. Bewegungseinschränkungen werden von mir ertastet und über einen schnellen, kurzen Impuls gelöst. Auf diese Weise werden nicht Symptome behandelt, sondern Ursachen korrigiert.
Chiropraktik ist keine Konkurrenz zur traditionellen Tiermedizin, sondern versteht sich als eine in vielen Gebieten optimale Ergänzung der schulmedizinischen Behandlung. Die Wirkungsweise der Chiropraktik ist umfassend wissenschaftlich belegt. Auch wenn die Chiropraktik immer wieder kleine Wunder vollbringt, ist sie doch ganz entschieden von jeglicher Esoterik abzugrenzen.
Prävention ist besser als heilen! Chiropraktische Behandlungen helfen das Verletzungsrisiko ihres Tieres zu minimieren. Denn eine gestörte neurologische Signalübertragung ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Verletzung. Die innervierten Muskeln verlieren an Flexibilität und Stärke. Damit steigt das Risiko zu einem folgenschweren Anpassungsfehler der Muskeln und eine Verletzung kann entstehen. Die Chiropraktik verbessert die Funktion der Wirbelsäule und damit auch die nervale Kommunikation zwischen Gehirn und Körper. Daraus ergibt sich eine korrekte Wahrnehmung des Gehirns und eine angemessene Muskelreaktion, so dass das Verletzungsrisiko sinkt.
„Es heilt nicht – es korrigiert Ursachen, so dass der Körper selbst gestörte Funktionen
und krankhafte Strukturen normalisieren kann“
Osteopathie
Die Osteopathie ist ein ganzheitliches Diagnose- und Therapiesystem, das auf den amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurückgeht. Die Osteopathie sieht den Körper als Funktionseinheit und Krankheit als Störung des Gleichgewichtes zwischen seinen Anteilen (Knochen, Muskeln, Bindegewebe, innere Organe).
Genauso wie bei der Chiropraktik steht im Mittelpunkt der Osteopathie die Anregung der Selbstheilungskräfte des Körpers. Der Osteopath versucht durch mehr oder weniger sanfte Impulse Bewegungseinschränkungen zu beseitigen und das Spannungsgleichgewicht im Körper wieder herzustellen.
Im Falle einer einfachen Funktionsstörung (akutes Trauma, post-OP-Nachsorge etc.) kann man damit rechnen, dass mit einer einmaligen Behandlung die Fehlbelastungen und Kompensationshaltungen aufgelöst werden können. Bei irreversiblen Veränderungen wie z.B. Arthrosen wird durch eine Verbesserung der Beweglichkeit der umgebenden Anteile wie Muskeln und Sehnen eine Reduktion der Schmerzen erreicht. Darüber hinaus wird dem Körper geholfen ein neues Gleichgewicht zu finden, in dem die Ausbreitung der Überbelastung auf noch gesunde Strukturen reduziert wird.
Faszientherapie mit der Stimmgabel
Faszien sind vielgestaltige Bindegewebe in unserem Körper und wir können sie auf verschiedenen Wegen therapieren. Die Bandbreite geht von manuellen Techniken (= myofaschial release techniques) über energetische Arbeit bis zum Einsatz von diversen Hilfswerkzeugen. Eines dieser Werkzeuge sind Stimmgabeln, mit deren Schwingungen Faszien beziehungsweise ganze Faszienketten sehr effektiv gelöst werden können.
In der Humanmedizin wurden die Faszienketten von Thomas W. Myers bereits vor vielen Jahren beschrieben.
Endlich gibt es diese Forschungen auch am Tier. Die dänische Anatomieprofessorin und Chiropraktorin Dr. Vibeke S. Elbrond hat die Faszienketten beim Tier präpariert, studiert und daraus in Zusammenarbeit mit der Osteopathin Rikke M. Schultz eine faszinierende Therapie entwickelt. Mit Hilfe von Stimmgabeln werden die betroffenen Faszienketten gelöst. Dabei werden häufig Fernpunkte verwendet, so dass nicht in schmerzhaften Bereichen gearbeitet wird. Die Orginalpublikation in englischer Sprache kann hier gelesen und heruntergeladen werden.
Strukturelle Osteopathie
Der Einsatz struktureller Techniken erfolgt direkt am blockierten Gelenk oder Wirbel mit den Methoden der Mobilisation, Traktion oder Manipulation. Somit ist diese Form der Osteopathie der Chiropraktik sehr ähnlich. Die funktionelle Osteopathie im Bereich des Bewegungsapparates korrigiert Einschränkungen der Beweglichkeit von Gelenken und Wirbelsegmenten durch Einwirkung auf Muskeln und Faszien in deren Umgebung. Indem hier Spannungen aufgelöst werden, wird das Zusammenspiel der betroffenen Segmente verbessert.
Viszerale, fasziale und cranio-sacrale Osteopathie
Diese Bereiche der Osteopathie sind sehr ruhige, sanfte und zum Teil energetische Methoden.
Viszera ist der lateinische Ausdruck für die Eingeweide. Die viszerale Osteopathie befasst sich also mit der Behandlung der inneren Organe. Berücksichtigt werden Veränderungen in der Mobilität, d.h. der Beweglichkeit der Organe zueinander. Diese Bewegung wird maßgeblich vom Zwerchfell bestimmt; denn bei jedem Atemzug werden alle Organe zwangsläufig gegeneinander verschoben. Außerdem wird die Motilität der Organe untersucht. Diese beschreibt die organspezifische Eigenbewegung.
Die Eingeweide liegen im Körper nicht wahllos durcheinander. Sie sind von Faszien umgeben und über hauchdünne Ligamente in den Körperhöhlen befestigt. Faszien sind sehr vielgestaltige Bindegewebe. Sie sind das Netzwerk des Körpers; Formgeber und Wahrnehmungsorgan zugleich. Faszien sind durchzogen von freien Nervenendigungen und Rezeptoren. Sie gelten als der Ort, an dem Emotionen körperlich abgespeichert werden. Die fasziale Osteopathie widmet sich intensiv diesen Geweben und dem Lösen der darin befindlichen Spannungen und Emotionen.
Physiotherapie
In ihrer ursprünglichen Form wird die Physiotherapie auch als Krankengymnastik bezeichnet. Hinzu kommen äußerliche Anwendungen von Heilmitteln wie die Applikation von Wärme/Kälte oder kinesiologischen Tapes. Manuelle Techniken wie Massagen oder Lymphdrainage gehören ebenso dazu wie der Einsatz zahlreicher Gerätschaften (Bsp. Laufband, therapeutischer Laser oder Ultraschall).
Ebenso wie in den anderen Bereichen der manuellen Therapie werden in der Physiotherapie keine medizinischen Diagnosen gestellt, sondern funktionelle und palpatorische Befunde erhoben, die dann im Kontext verstanden und ganzheitlich behandelt werden.
Dennoch ist der Schwerpunkt einer physiotherapeutischen Behandlung in der Regel symptombezogen und auf die große Bewegungsmuskulatur fokussiert. Im Gegensatz zu chiropraktischen oder osteopathischen Behandlungen ist bei der Physiotherapie häufig die aktive Mitarbeit von Patient und Besitzer gefragt!
Die Behandlungsmodalitäten in der Physiotherapie sind wie oben beschrieben sehr vielfältig. Aufgrund meiner umfangreichen anderweitigen manualtherapeutischen Ausbildung, lege ich einige Schwerpunkte in der Physiotherapie:
1. Die klassische Krankengymnastik
Dazu zählen sogenannte passive, aktiv assistierte und aktive Range of Motion Übungen, sowie therapeutische Übungen, die Sie beispielsweise bei den Spaziergängen einbauen können. Sollten spezielle Hilfsmittel wie Tragehilfen, Protektoren, Orthesen oder Gewichtsmanschetten etc. nötig sein, bestellen wir diese in der passenden Größe für den Patienten.
Mit der Krankengymnastik werden je nach Krankheitsbild unterschiedliche Ziele verfolgt. Im Allgemeinen wird die Gelenkbeweglichkeit erhalten/verbessert, die Durchblutung, der Lymphabfluss und die Bildung von Gelenkschmiere angeregt. Durch den Einsatz physiologischer Belastungsreize wird die Gewebeheilung und Regeneration gefördert.
Wenn möglich, leite ich Sie als Besitzer an, so dass Sie viele Übungen zu Hause durchführen können. Wichtig ist natürlich trotzdem eine engmaschige Verlaufskontrolle und eine regelmäßige Anpassung der Übungsaufgaben.
2. Kinesiologisches Taping
Kinesiologische Tapes sind weiche, elastische und atmungsaktive Stoffklebebänder, die an fast jeder Körperstelle mit mehr oder weniger Zugspannung angebracht werden können und die Beweglichkeit von Gelenken nicht einschränken.
Es gibt vor allem drei Mechanismen, über die man die positive Wirkung der Tapeanwendung erklärt. Im Detail sind aber nicht alle Effekte verstanden oder wissenschaftlich belegt.
Der Dekompressionseffekt: durch das Aufkleben der elastischen Streifen wird die oberste Hautschicht angehoben und mit ihr die Blut- und Lymphgefäße erweitert. Dadurch verbessert sich die Durchblutung und der Abtransport von Gewebeflüssigkeit und Lymphe. Diese Dekompression lässt sich im Ultraschall darstellen und ist messbar. Vor allem bei Schwellungen und Hämatomen nutzt man diesen Effekt.
Der mechanische Effekt: Durch das Abheben der obersten Hautschicht werden auch die darunterliegenden Faszien etwas voneinander abgehoben, was ein insgesamt besseres Gleiten aufeinander ermöglicht. Die Tapes sind dabei so effektiv, dass selbst hartnäckige Verklebungen wie z. B. bei Narbengewebe gelöst werden kann.
Der neurologische Effekt: Die Haut ist ein riesiges Sinnesorgan. In ihr befinden sich unzählige Rezeptoren, die beispielsweise Druck, Schmerz oder Wärme wahrnehmen. Die Schmerzrezeptoren werden in ihrer Aktivität heruntergefahren, so dass in Kombination mit den anderen Tape-Effekten Schmerzen ganz hervorragend moduliert und gelindert werden. Von besonderer Bedeutung aber sind die propriozeptiven Rezeptoren, die durch die Tapes stimuliert werden. Der sensorische Input wird durch das Tape erhöht, so dass Patienten mit neurologischen Defiziten erheblich davon profitieren.
Auch beim Taping ist es möglich, dass Sie die von mir gezeigte Tapeanlage zu Hause wiederholen und somit einen verlängerten therapeutischen Nutzen haben.
3. Therapeutischer Laser (Low-Level-Lasertherapie)
Der Begriff Laser ist ein Akronym für „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“. Der Laser sendet ein stark paralleles, kohärentes und monochromatisches Licht aus, welches zu Rehabilitationszwecken meist im infraroten Wellenbereich liegt und somit für das menschliche Auge unsichtbar ist. Die Low-Level Lasertherapie ist in zahlreichen humanmedizinischen Studien belegt und daher als evidenzbasierte Behandlungsmethode anerkannt. In der Wissenschaft spricht man heute von Photobiomodulation; umgangssprachlich sind die Begriffe Softlaser, Therapielaser oder Biostimulationslaser gebräuchlich.
Die Laserstrahlung überträgt die mit Photonen assoziierte Strahlungsenergie auf das anvisierte Gewebe. Die Strahlung wird von sogenannten Chromophoren (Moleküle in der Zellmembran) aufgenommen und löst dort verschiedene photochemische Wechselwirkungen aus. So wird einerseits der Energiestoffwechsel in der Zelle deutlich verbessert und andererseits die Produktion von Enzymen und Proteinen angeregt beziehungsweise moduliert. Daraus ergeben sich folgende therapeutische Effekte:
- entzündungshemmende Wirkung durch signifikante Reduktion spezifischer Entzündungsmarker
- abschwellende Wirkung durch Normalisierung der Gefäßfunktion und Anregung der Mikrozirkulation
- starke Schmerzlinderung nicht nur durch die entzündungshemmende und abschwellende Wirkung, sondern auch durch Erhöhung endogener Opioide, Hemmung der entsprechenden Nervenleitung und Downregulierung von Rezeptoren.
- Anregung der Gewebeheilung durch die Verbesserung des Energiestoffwechsels und die Einwanderung von regenerativen Zellen in das betroffene Gebiet.

Die Laserbehandlung ist nicht-invasiv, absolut schmerzfrei und wird in der Regel von allen Tieren auch in akuten Schmerzzuständen sehr gut toleriert um nicht zu sagen dankbar angenommen.
4. Schmerz-Ethogramm
Pferde kommunizieren mit uns in vielfältiger Weise und ganz besonders deutlich zeigen sie uns, wenn sie Schmerzen haben. Zur Erkennung der Schmerzen dient ein Ethogramm des gerittenen Pferdes. Ein Ethogramm ist eine Bestandsaufnahme aller gezeigten Verhaltensmuster in einem festgelegten Zeitraum. Dabei werden zum Beispiel Mimik, Körperhaltung, Schweifbewegungen und Gangbild analysiert und ausgewertet.
Das Ethogramm umfasst 24 Parameter, die auf Grundlage zahlreicher wissenschaftlicher Studien evaluiert wurden und unabhängig vom reiterlichen Können gezeigt werden.
Pferde, die im Ethogramm ein Scoring über dem Schwellenwert erreichen zeigen muskulo-skelettale Schmerzen: das sind z.B. Rückenschmerzen, Muskelschmerzen oder subklinische Lahmheiten aufgrund von Gelenk- und Sehnenproblemen. Es ist von unschätzbarem Wert eine Lahmheit zu erkennen bevor diese wirklich manifest und für jedermann sichtbar ist (daher auch der Name subklinisch). Je früher die Lahmheit entdeckt wird, desto kürzer ist die Behandlung und Rehabilitation. Durch die Früherkennung beugt man also schwerwiegenderen Erkrankungen und längeren Stehzeiten vor.